Nach einem Jahr in Puerto Quijarro bin ich Anfang Juni dann noch auf meine letzte Reise gegangen.
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Jetzt sind wir schon mehr als 100 Tage hier und die letzten drei Wochen waren sehr ereignisreich.
Als wir im November aus Santa Cruz zurückgekommen sind, haben wir uns vorgenommen das Wochenende danach erstmal nach Corumbá reinzufahren, schließlich wohnen wir an der brasilianischen Grenze, also können wir das auch nutzen. Dort haben wir eine wunderschöne Bootstour auf dem Pantanal gemacht, was uns sehr überrascht hat, war, dass der Pantanal viel mehr Fließgewässer ist, als vielleicht zuvor vermutet (Pantanal ist portugiesisch für Sumpf und so stellt man es sich dann nun auch vor). Es war nur eine kurze Bootstour von einer Stunde, aber man hat so viele verschiedene Tiere gesehen, dass man eine geringe Vorstellung davon bekommen hat, wie Artenreich der Pantanal wohl sein mag. Darunter waren Kaimane, Capybara und auch der Jabiru (das Symboltier des Pantanal). Die letzten zwei Wochen waren wir nicht in Puerto Quijarro, da wir bei einem Brillenprojekt mitgeholfen haben und deswegen durch einige Orte gereist sind. Das Brillenprojekt ist von unserer bolivianische Organisation ,,Hostelling International Bolivia". Die Brillen werden in Bolivien hergestellt und werden für 80 Bolivianos (ca.10€)verkauft, dank großzügiger Spenden aus Deutschland ist es möglich die Brillen an Kinder gratis zu vermitteln. Brillen sind in Bolivien sehr teuer und kosten um die 1000 Bolivianos, wenn man bedenkt, das wenige so viel überhaupt in einem Monat verdienen, ist das schon eine ganze Menge Geld. Also haben wir am 13. und 14. November in Puerto Quijarro und am 16. und 17. in Puerto Suarez und sind dann am 17. abends nach Santiago de Chiquitos gefahren und haben dort und im Umkreis, Roboré und Aguas Calientes, Kampagne gemacht. Dabei haben wir Kurz- und Weitsichtigkeit getestet, Kurzsichtigkeit mit einer Tafel und Weitsichtigkeit mit einer Zeitung, wobei erst das eine Auge und dann das andere Auge gemessen wurde, wie ein normaler Sehtest halt. Neben den Arbeitstagen hatten wir natürlich auch Zeit uns die Umgebung anzugucken. Roboré ist eine Kleinstadt, durch die ein Höhenzug namens Serranía Santiago verläuft, den ihr euch auch in meinen Bildern angucken könnt. Mindestens genauso schön ist der Wasserfall in Roboré, an dem man auch hochgehen kann und eine beeindruckende Aussicht auf die Natur dort hat. Aguas Calientes sind, wie der Name schon sagt, warme/heiße Gewässer, in den man schwimmen kann. Das Wasser ist durch heiße Quellen im Boden natürlich erhitzt. In den Quellen hat man das Gefühl zu schweben, da die Quellen einen aus dem Wasser hochdrücken. Das Wasser ist immer so tief, dass man noch stehen kann und überall sind Saugbarbe (diese witzigen Fische, die einem die Hornhaut abknabbern) und Tukane zu sehen. Die letzten Tage haben wir dann noch Kampagne in San José de Chiquitos gemacht. Leider war der Bedarf an Brillen in dem Dorf so groß, dass wir nicht alle behandeln konnten, da wir ab sieben Uhr nicht mehr ausreichend Licht hatten, um die Leute zu behandeln. Etwas besonderes war auch, dass wir in San José de Chiquitos in ein Mennonitendorf gefahren sind, um diese auch mit Brillen zu versorgen. Mennoniten sind eine evangelische Freikirche, die auf der ganzen Welt verteilt sind, da sie immer wieder wegen ihrer anderen Ansichten verfolgt und vertrieben wurden. Sie leben auf dem Land ohne Strom, elektrische Geräte und Autos. Es gibt auch einige die offener sind, jedoch waren wir bei welchen, die ziemlich isoliert leben, sodass einige das Dorf noch nie verlassen haben. Die Kommunikation mit den Mennoniten hat sich als einfacher herausgestellt, als vorher vermutet, da manche ein bisschen spanisch konnten und sogar ein paar Sätze hochdeutsch. Außerdem sprechen die Mennoniten Plautdietsch, bei dem man ab und zu einiges verstehen konnte. Am Montag fahren wir dann wieder zurück nach Quijarro und werden die letzten drei Wochen in diesem Jahr arbeiten, weil wir dann ja schon Sommerferien haben. Wow, jetzt sind wir schon über 50 Tage in Bolivien und haben einiges erlebt.
Man gewöhnt sich so schnell an andere Bedingungen, obwohl sie auch nicht so gravierend sind, wie man sie sich vielleicht vorher vorgestellt hat. Der Gedanke daran halb draußen zu wohnen, ohne Scheiben in den Fenstern, mit einem Bad ohne warmes Wasser, klang erstmal so extrem, aber wir sind in einem anderen Land und man merkt, dass man es einfach nicht braucht. Kein Menschen hat Scheiben in den Fenstern, es wird das ganze Jahr kein mal unter 20 Grad, das Waschen mit der Hand, was anfänglich eine Last war, ist jetzt manchmal sogar entspannend.. Außerdem wäscht man öfter, sodass man nicht so viel auf einmal waschen muss und überlegt sich zweimal, ob das bestimmte T-Shirt unbedingt wieder gewaschen werden muss. Letzte Woche wurde in Puerto Quijarro ein Fest für das Departamento in Santa Cruz gefeiert (jedes Bundesland hat einen Feiertag im Jahr um sein Bundesland zu feiern). Dank Kommunikationsproblemen waren Eileen und ich dann aber doch im Krankenhaus, wo uns dann gesagt wurde, dass wir nicht arbeiten müssen und den Tag danach auch nicht, sodass wir ein verlängertes Wochenende hatten. Am Donnerstag gab es von den Schulen einen Marsch zu Ehren des Feiertags in Puerto Quijarro, wo auch Mareike, als Englischlehrerin, teilgenommen hat, was wir uns dann natürlich angeschaut haben. Der Marsch ist nicht vergleichbar mit sieben Stunden bei Virgen de Guadalupe tanzen, sondern eher eine Präsentationen der Schulen. Die Schulen fangen auf der einen Seite des Platzes an und marschieren eine Seite entlang, dies wird dann unterstützt von Trommelmusik. Die Kleider einiger Schulen, besonders von den kleinen, waren aber unglaublich schön. Am Freitag hat uns Hevert zu sich eingeladen, um uns zu zeigen, wie man Empanadas macht. Empanadas sind gefüllte(variiert, manchmal mit Käse und Kartoffeln, auch mit Hühnchen oder Fleisch gefüllt und ja Hühnchen und Fleisch sind hier zwei verschiedene Sachen), frittierte Teigtaschen und einfach extrem Lecker. Der Tag war echt schön, da er uns immer viel über die Umgebung und alles erzählt und uns Bilder, spanische Musik und Sprichwörter und so weiter zeigt. Am letzten Samstag hatte Alejandro (unser Gastbruder) den Abschluss seines prämilitärischen Jahres, dazu gab es auf dem Militärgelände ein Abschlussfest mit Musik und Reden und danach waren wir bei der Oma unserer Gastfamilie zum Essen eingeladen und die ganze Familie war dort, es gab Fleisch, Reis, Kartoffeln und Paniermehl (was man hier so zum Fleisch ist) und Bier und Musik, sodass man schon fast das Gefühl einer deutschen Gartenparty bekam. Sonntag waren wir mit einem Mann aus dem Touristenzentrum verabredet, der uns die Umgebung von Puerto Quijarro gezeigt hat. Er hat uns ein Höhle direkt in der Nähe gezeigt und einen Wasserfall. Vorher hat er uns erzählt, dass die Wenigsten die hier wohnen wissen, dass es hier Höhlen gibt, was uns dann klar wurde, als wir knapp einen Kilometer mitten durchs Gebüsch gelaufen sind (wer soll auch wissen, dass sich mitten im Wald eine Höhle befindet?) Die Höhle runterzuklettern war abenteuerlich, aber auch ein tolles Erlebnis. Ab einer bestimmten Stelle konnten wir dann aber nur noch kriechen, was uns dann auch ausreichte. Danach sind wir dann zu dem Wasserfall in Quijarro gelaufen, in dem man sich an heißen Tagen super abkühlen kann... Tja so schnell ist die erste Arbeitswoche schon umgegangen.
Eileen und ich arbeiten in einem Krankenhaus, ungefähr 15 Km von Quijarro entfernt. Sie hat die erste Woche auf der Impfstation gearbeitet (bestehend aus einem Zimmer) und ich in der Notaufnahme (ebenfalls ein Zimmer). Der erste Tag war erstmal nicht so spannend, ich hab so gut wie gar nichts verstanden und durfte den ganzen Tag Kompressen falten, ab und zu kamen Eltern mit ihren Kindern, die Inhalationen benötigten. Die andere Tage waren spannender, überraschender Weise ist mehr aus dem Spanischunterricht in der Schule hängen geblieben, als zuvor vermutet. Ich habe mehr verstanden, es kamen mehr Patienten und Ärzte und ich durfte Sachen vorbereiten und assistieren (da die Notaufnahme wirklich klein ist, sind es so Sachen wie Pinzetten, Tupfer, Desinfektionsmittel etc. hinlegen, also nicht besonders aufwendig, macht aber Spaß). Am Mittwoch und am Freitag war ich mit den Ärzten unterwegs. Wir waren in einem Gefängnis, um dort die Menschen zu untersuchen, also durfte ich Blutdruck messen, abhören und in den Mund reinschauen (da gibt es viel zu sehen, viele Bolivianer haben sehr schlechte Zähne). Am Freitag waren wir dann nochmals da, um denen, die es benötigen, Medikamente zu geben und um denen, die einen Zahnärztliche Behandlung benötigen, eine zu bieten. Morgen gehen wir mit Hervert (jemand, der seit vielen Jahren den Freiwilligen die Umgebung zeigt und bei eigenen Projekten unterstützt) zum Pantanal und machen ein Picknick. Nächste Woche werde ich dann auf der Impfstation sein und Eileen, schaut sich die Notaufnahme an. Als ich gehört habe, dass wir in Puerto Quijarro mit der Hand Wäsche waschen müssenhabe ich das zunächst als nicht so schlimm empfunden. Wir gehen ja bewusst in eine Land das anders ist, als das, was wir von Geburt an kennen. Ich finde es interessant, mal ohne die ganzen hilfreichen Dinge auszukommen, die uns die moderen Technologie gebracht hat...
… aber, Wäsche per Hand waschen bei 30 Grad um 9 Uhr früh ist schon echt eine Sache für sich! Das Beruhigendste daran ist, dass wir momentan Winter haben. Das heißt – es wird noch heißer! Mit unserer Wohnung sind wir alle sehr zufrieden. Wir haben zwei Zimmer, so dass wir jeweils zu zweit in einem Zimmer sind. Das Bad ist ausreichend und es gibt nur kaltes Wasser (was nicht so schlimm ist, wenn man bedenkt, das wir wie gesagt im Winter 30 Grad haben). Dann haben wir noch ein Ess-/Wohnzimmer, dass halb draußen ist, aber mit Moskitonetzen geschützt ist. Darin befinden sich ein Esstisch und zwei Hängematten, die wirklich gemütlich sind.Das könnt ihr euch auch auf den Bildern anschauen. Die Moskitonetze sind deshalb überall vorhanden, weil ein Freiwilliger vor 2 Jahren alles damit abgedeckt hat. Da es keine Scheiben in den Fensgtern gibt würden wir sonst komplett ungeschützt vor den ganzen Mücken etc. hier abends sitzen. Und auch wenn Malaria hier eigentlich kein Problem darstellt, so gibt es doch eine Reihe weitere Krankheiten, die von den Mücken übertragen werden können. Morgen beginnt mein erster Tag im Krankenhaus. Eileen, eine andere Freiwillige die im Krankenhaus arbeiten wird, und ich werden auf zwei Krankenhäuser verteilt sein und dann wahrscheinlich täglich wechseln. Das eine Krankenhaus befindet sich in Puerto quijarro und dass anderen im 5 km entfernten Puerto Suarez. Mehr Erfahrungen folgen in den nächsten Tagen. Es gibt einiges zu erzählen, da man die ersten Tage unglaublich viel erlebt. Es ist einfach ein ganz fremdes Land, was uns alle sehr begeistert. Ich versuche euch nicht zuzuschreiben mit allem was ich gemacht habe, aber ein bisschen aus Sucre möchte ich trotzdem erzählen, auch wenn es ja eigentlich um mein Jahr in Puerto Quijarro geht.
Wegen des Visaverfahrens mussten wir einige Tage in Sucre verbringen, sodass wir die Hauptstadt Boliviens ein bisschen entdecken konnten. Abgesehen davon, dass es eine anstrengende Tortour ist sein Visa zu beantragen, weil man erst zu der einen Polizei muss, dann zu anderen Polizei, dann zu Interpol, dann wieder zur anderen Polizei, zum Notar und so weiter, ist Sucre eine sehr schöne Stadt. Ein tolles Erlebnis ist der ,,mercado central", eine Markthalle, in der man diverses Obst kaufen und probieren kann von dem man noch nie etwas gehört hat, wie zum Beispiel die Cherimoya, aber auch Gemüse, Gebäck und Fleisch. Eine Etage drüber gibt es etwas, was mit einem foodcourt vergleichbar ist. Das erste Mal haben wir dort an einem Stand gefrühstückt. Es gab ein Getränk Namens Apí, dass aus Mais besteht und sehr sättigt und zwei Gebäckstücke namens Buñuelos für 4 Bolivianos (Zum Vergleich 7Bolivianos sind ungefähr 1€) Die Stadt ist relativ klein für eine Hauptstadt(deswegen denken auch die meisten, dass La Paz die Hauptstadt sei) und hat einen dichten Verkehr, sodass zu der Höhenluft auch noch Abgase kommen. Zudem unterschätzt man die Sonne in Sucre sehr, sie ist zwar extrem stark, das merkt man aber nicht, da der Wind in der Höhe ziemlich kalt ist. Gestern habe ich das erste Mal Coca Blätter ausprobiert. Man steckt sich ungefähr 10-15 Blätter in den Mund und legt dann Süßkartoffel-Kohle auf die Blätter, dann dreht man das mit der Zunge ein und steckt sich die Blätter in die Wangen. Coca sollen gegen Höhenkrankheit (da es die Sauerstoffaufnahme verbessert), Übelkeit, Hunger, Kälte und Müdigkeit helfen. Meine Erfahrung war, dass man zuerst einen relativ tauben Mund bekommt, nachdem das wieder leicht zurückging merkte ich tatsächlich, dass ich ein bisschen besser Luft bekomme (Sucre liegt 2808m hoch), außerdem ist es zugleich aktivierend und beruhigend. Momentan sind wir wieder in Santa Cruz und verbringen den Tag hier um dann heute Abend den Bus nach Puerto Quijarro zu nehmen. Nach einer langen 26 stündigen Reise sind wir dann endlich, erschöpft und gezeichnet von der Zeitumstellung in Santa Cruz angekommen.
Gerade erst angekommen, realisiert man immer noch nicht, dass man in Bolivien ist. Auf einem anderen Kontinent. Sehr sehr weit weg von Familie und Freunden. Das wird einem aber dann doch klarer, wenn man in kleine, alte Busse einsteigt, in denen die Fahrer das Gepäck versuchen einfach irgendwo in den Bus zu quetschen. Die Straßen in Bolivien sind etwas anders und die Schlaglöcher sind nicht vergleichbar mit denen in Deutschland. Es sind teilweise 2 Meter tiefe Löcher auf der Straße oder auf dem Bürgersteig, die die Frage aufwerfen, wie alte, immobile Menschen sich hier fortbewegen, außerdem ist auf den Straßen nicht ganz eindeutig, ob man zwei-, drei- oder zwanzigspurig fährt, sodass das Überqueren der Straße als Fußgänger zu einem reinen Abenteuer wird. Im Hostel angekommen, haben wir mit unserem Leiter der Organisation hostelling international bolivia gesprochen, der uns am ersten Abend zum essen eingeladen hat. Am zweiten Tag haben wir mit ihm noch einiges organisatorisches geklärt und haben einen Bus nach Sucre genommen. Die Busse fahren nur nachts, was ganz praktisch ist, da die Busfahrten teilweise sehr lange dauern und man dann sehr gut die Zeit zum schlafen nutzen kann. Momentan sind wir in Sucre um unser Visum zu beantragen (ein einjähriges Visum kann man in Bolivien leider nicht aus dem Ausland bekommen) und wir hoffen, dass wir dann Mittwochabend aufs Dorf fahren können. |
AutorAnna Apfelstedt Archives
Juli 2016
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